Mittwoch, 11. Juni 2014

Exotisches

Manchmal ist Fußball wie guter Wein. Oft aber ist er auch wie schlechtes Bier. Irgendwo dazwischen - zwischen Italien und Japan - liegt der exotische Esprit der Gruppen C und D.


Hatte die Gruppe A schon einiges an Exotik zu bieten, schillert die Gruppe C in allen Farben: Die Teams aus Kolumbien, Griechenland, der Elfenbeinküste und Japan haben keine augenscheinlichen Gemeinsamkeiten. Auch fußballerisch sind sie mehr oder weniger nichts sagend. Umso mehr verwundert es da, dass Kolumbien den Gruppenkopf gibt, also nach Logik der Auslosung auf dem Papier die stärkste Mannschaft stellt. Tatsächlich wage ich aber zu behaupten, dass zwischen diesen vier Mannschaften kaum ein Klassenunterschied besteht. Hier wird sich jeder gegen jeden schwer tun, und am Ende werden die Griechen aufsteigen, weil sie in Summe ein Tor mehr geschossen als sie bekommen haben.

Das Team von Kolumbien wird diesmal relativ stark eingeschätzt. Ich kann mir vorstellen, dass Kolumbien es ins Achtelfinale schafft - die Gruppenauslosung allein macht dies wahrscheinlich. Aber ehrlich gesagt verbinde ich Kolumbien immer noch mit Carlos Valderrama und Andres Escobar. Der eine war der schillernde Star der Mannschaft von 1994, die aber über die Gruppenphase nicht hinauskam. Der andere war der unglückliche Eigentorschütze im Spiel gegen die USA, der dieses Missgeschick erschreckenderweise mit dem Leben bezahlen musste. Er wurde nach der WM in seiner Heimatstadt in einer Bar erschossen.
Auch wenn viele davon sprechen, dass Kolumbien wieder "Geheimfavorit" sei, muss das Team froh sein, wenn es die Gruppenphase übersteht. Geheimfavorit waren sie schon '94 - nach Aussage von Pelé. Und ansonsten war jedes Mal im Achtelfinale Schluss.

Japan und Griechenland sind beides Teams, die ärgerlichen Fußball spielen, und genau deswegen könnten sie sich in der Gruppe C durchsetzen. Kolumbien könnte wiederum der "falsche Heimvorteil" zugute kommen. Die Elfenbeinküste wird sich wieder selbst zerstören. Schade für den großartigen Didier Drogba, der nach der WM die Schuhe an den Nagel hängen will.
Ehrliches Bemühen zahlt sich in dieser Gruppe aber aus, denn im Achtelfinale warten schlagbare mögliche Gegner, denen es jedes Team in dieser Exotenansammlung schwer machen kann.

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Damit zu Gruppe D, in der uns schon am ersten Spieltag ein Klassiker erwartet. England gegen Italien - das spielte man in den 90ern in Kinderzimmern gegeneinander, denn im echten Leben gab's das Duell das letzte Mal bei der Euro 2012, da gewann Italien bzw. verlor England im Elfmeterschießen. Gut für die Engländer, dass es in der Vorrunde kein Elfmeterschießen gibt...

Italien hat sich bei der letzten Euro zu einer neuen Liebschaft von mir entwickelt. Auch wegen Andrea Pirlo. Ob sich das allerdings bei dieser WM fortsetzen wird, darf bezweifelt werden. Wir wollen jedenfalls wieder Calcio statt Catenaccio! Guten Rotwein statt Lambrusco in Kübeln! Obwohl Lambrusco in Kübeln ja auch Spaß machen kann, während ein schwerer Rotwein oft einschläfernd wirkt...

Beweisen müssen sich die Italiener weniger gegen England als gegen Uruguay. Die waren die große Überraschung vor vier Jahren, verloren letztlich im Spiel um Platz drei gegen Deutschland. Einzig der garstige Suarez bleibt unangenehm in Erinnerung.
Costa Rica, da lehne ich mich jetzt ganz weit aus dem Fenster, wird in dieser Gruppe keine Chance haben.

So ist diese Gruppe mit drei großen Namen besetzt, von denen aber momentan keiner auf Augenhöhe mit Brasilien, Argentinien oder Deutschland agiert. Einzig die Italiener haben als Deutschland-Schreck das Potenzial, den KO-Baum ein wenig zu rütteln. Allein, er wird dann schon sehr klein geworden sein, denn die beiden treffen frühestens und spätestens im Finale aufeinander...



Worauf wir uns freuen können:

Die Gruppe C bleibt wahrscheinlich sensationslos. Einzig überraschend souveräne Kolumbianer könnten uns ein bisschen Freude machen.
Freuen dürfen wir uns auf die Italiener, wenn sie wieder Calcio spielen. Auf Andrea Pirlo, den coolen Hund. Und vielleicht auf die Engländer, wenn sie plötzlich etwas finden, was sie die letzten Jahre gesucht haben: Ihre Identität als Mutterland des Fußballs.


Was wir lieber nicht sehen wollen:

Wenn sich die Griechenlandspiele wieder so ausnehmen wie in den letzten Jahren, bin ich geneigt, abzuschalten. Vor allem gegen solche Gegner.
Suarez wollen wir lieber auch nicht sehen. Oder er rehabilitiert sich mit irgendwas Sympathischen. Schwer zu glauben!

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