Montag, 5. Juli 2010

Deutsche vs. Schlander

Das Grauen trägt den Namen „Schland“.
Warum es mit den Deutschen so schwierig ist und irgendwie doch so einfach.


Gott sei Dank ist irgendwas eingetroffen, was ich im Vorhinein zu prognostizieren wagte. Auf Spekulationen, wer denn Weltmeister werden könnte, hab ich mich ohnehin nicht eingelassen, ich habe Uruguay lediglich als vernachlässigbar in Bezug auf die Frage, wer gewinnen würde, angesehen. Das war, wie bereits eingeräumt, ein herber Irrtum. So herb wie die Niederlage Argentiniens, womit wieder ein Favorit mehr ausgeschieden ist. Und so herb wie mein Geschmack im Mund, wenn ich an Deutschland denk‘.

Denn einerseits ist das natürlich eine hervorragende Mannschaft, die im Grunde genommen den besten Fußball des Turniers gezeigt hat. Auch haben sie eine Menge Spieler, die echt begeistern können, Müller, Özil, Lahm zum Beispiel. Und irgendwie haben es auch die alten Unsympatler wie Schweinsteiger und Klose geschafft, dass ich mich nicht jedes Mal aufregen muss, wenn sie am Ball sind. Meine Freunde sind sie deswegen noch lange nicht, aber ihr Fußball, der macht Laune. Insofern ein verdienter Weltmeister - theoretisch. Praktisch sieht es aber anders aus, denn leider können viele Deutsche mit dem Erfolg ihrer Nationalmannschaft überhaupt nicht umgehen. Ich weiß nicht, was es ist, aber die deutschen Fans bleiben immer noch die beklopptesten und das wird sich in absehbarer Zeit nicht ändern. Sollte also Deutschland Weltmeister werden, dann gönne ich das der Mannschaft und dem Land von ganzem Herzen. Mit den „Schland“-schreienden Fans möchte ich aber dennoch nichts zu tun haben. Mir ist schon klar, dass das nicht alle sind und jeder Deutsche möge mir verzeihen, wird er hier von mir in einen garstigen Eintopf von Vorurteilen geworfen. Aber man muss sich schließlich schützen. Ich zumindest denke darüber nach, die „Deutschen“ von den „Schlandern“ zu unterscheiden.

Gesetzt den Fall, dass Deutschland im Finale auf Holland treffen und das Turnier gewinnen sollte, muss man sich vor allem folgendes vor Augen halten: Ich glaube, dass noch nie eine Mannschaft auf dem Weg zum WM-Titel so viele Hochkaräter aus dem Turnier geschossen hat, wie die Deutschen es bei dieser WM geleistet haben könnten: Wer England, Argentinien, Spanien und Holland aus dem Turnier haut, der hat es mehr als verdient. Nach den zwei Spielen gegen England und Argentinien haben die Deutschen ein Torverhältnis in der KO-Runde von 8:1, was unglaublich ist, vor allem angesichts dieser Gegner. Dieser Gedankengang hat natürlich auch eine andere, pessimistische Seite: Wie wahrscheinlich ist es, gegen alle diese genannten Mannschaften in einem Turnier zu bestehen? Eigentlich recht unwahrscheinlich, andererseits spricht die Höhe der bisherigen Siege natürlich auch wieder für die Deutschen. Dann darf man wiederum nicht vergessen, dass es die gleiche deutsche Mannschaft war, die gegen Serbien gezeigt hat, dass auch nach einem perfekten Auftakt nicht alles automatisch gut laufen muss. D.h. die Deutschen laufen immer noch Gefahr, einen schlechten Tag zu erwischen. Zudem fragt man sich natürlich, wie es sein kann, dass die Argentinier dermaßen untergehen? Experten meinten, die Argentinier hätten das Spiel vercoacht. Mag sein, aber ein 4:0 ist für ein Viertelfinale doch ein hohes Ergebnis, und die Argentinier hatten eigentlich keine wirklichen Chancen auf einen Torerfolg, im Angriff fehlte ihnen jede Organisation. Außerdem ging den Deutschen die Lust auf‘s Tore schießen nicht aus. Man merkte, dass das Team diese WM jetzt richtig genießt.

Jetzt wartet im Halbfinale der Europameister und endlich darf man sich für die recht deutliche Niederlage vor zwei Jahren im Endspiel rächen. Und es sieht nicht schlecht aus. Die Spanier taten sich gegen Paraguay erwartet schwer, von Tiqui Taka war da ganz lange gar nichts zu sehen. Vielleicht stimmt es, dass dieses System bereits durchschaut ist und irgendwie hat man das Gefühl, dass bei Spanien sowieso irgendwas nicht optimal läuft. Xavi und Iniesta blitzen nur noch selten wirklich auf, Torres ist nach wie vor nicht anwesend, auch er leidet unter der Heldenkrankheit, der auch C. Ronaldo und W. Rooney (eigentlich auch L. Messi) zum Opfer gefallen sind.

Aber auch das letzte Spiel im Viertelfinale war geprägt von einigem Aufhüpfen und ungläubigem Geschreie, als zuerst Paraguay einen Elfmeter zugesprochen bekam, der dann zu schlecht geschossen wurde. Merke: Elfmeter die halbrechts unten geschossen werden, sind nicht nur generell nicht zu empfehlen, sondern werden vor allem bei dieser WM besonders oft gehalten (siehe Ghana-Uruguay). Im Gegenangriff dann Gleiches im paraguayanischen Strafraum: Alonso tritt an, trifft souverän, muss aber wiederholen. Was jetzt kam, war eigentlich eh klar. Den wiederholten Elfer konnte er nicht treffen (nicht nur, weil er ihn in besagter nicht zu empfehlender Weise schoss): Er konnte ihn nicht treffen, weil es die Dramatik nicht zuließ. So fanden sich Paraguay und Spanien in einem Match wieder, das sich als ein gefühltes 1:1 besser beschreiben lässt, denn als ein tatsächliches 0:0.

Die Spanier machten dann doch noch das erwartete Tor, doch auch hier musste der Ball erst dreimal die Stange berühren, bevor er sich ins Netz bequemte. Dieses Tor war Sinnbild für den von mir prophezeiten mühevollen Sieg der Spanier, doch letztlich steht die richtige Mannschaft im Halbfinale und wir dürfen beruhigt sein, dass es zu einem Finale Uruguay - Paraguay nicht kommen wird.


So, und was ist denn nun eingetroffen, was ich prognostiziert habe? Ich habe gemeint, dass wir uns vor allem auf die Viertel- und Halbfinalpartien freuen dürfen, weil vorher nichts Großartiges passieren wird und weil auch das Finale meistens fad ist. Das könnte heuer anders werden, denn wenn Holland gegen Deutschland im Finale spielt, wird es zumindest emotional. Aber die Viertelfinalpartien haben gehalten, was von mir versprochen wurde. So viel Dramatik innerhalb von zwei Tagen gab‘s im Fußball wahrscheinlich überhaupt noch nie - zumindest kann ich mich nicht daran erinnern. Wer jetzt noch kein WM-Fan ist, der wird‘s wohl auch nie werden.

Und während sich der Atlantik an der Copa Cabana weiter mit Tränen füllt, während der große Maradona wieder auf seine eigentliche Größe zurückschrumpft, warten wir auf die Semifinalspiele - gespannt, entzückt und jetzt schon glücklich in Vorfreude was da noch kommen mag. (Denkt irgendwer an Spanien vs. Uruguay als Finale?)

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